HangOut

Sonntag:

Was tun am letzten vollständigen Tag auf der Insel? Es besteht die Möglichkeit, das Jahresticket des Nationalparks weiter auszureizen und sich noch näher an den Pu’u o’o heranzupirschen oder einfach ans Meer zu fahren und die Füße und Seele baumeln zu lassen. Die Entscheidung ist schnell getroffen zumal ich die Umgebung meines Wohnorts selbst noch gar nicht erkundet habe. Ich mach mich also mit dem Auto auf den Weg zum nächstgelegenen Strand. Toll, warum war ich eigentlich nicht schon früher hier? Steilküste wechselt sich mit Strand ab, jede Menge einheimische Surfer jeden Alters, sogar ein VW-Surfbus steht da und alle sind tierisch entspannt. Hier bleib ich erstmal eine Weile und schau dem Treiben zu. Dann will ich wissen, wo diese Straße ihr Ende hat bzw. wie es dort aussieht, wo sie von der Lava zugeschüttet wurde. Ich komme vorbei an saftig grünen Wiesen, Bäumen und Palmen – sieht ein bisschen aus wie Vietnam in Apocalypse Now (wären dann aber die Philipinen, das jedenfalls war damals der Drehort). Ab und zu eine Steilküste, wo ich der Brandung zusehe… Dann ist das Ende erreicht. Wo früher die Straße war, türmt sich jetzt meterhoch die Lava. Die Menschen hier sind noch schräger drauf als die Surfer von vorhin. Man kann hier auch Hawaiianer werden! Nein, nicht als US-Staatsbürger, sondern als Mitglied des Königreichs Hawaii. Es gibt noch Anhänger der Königin Lili’uokalani, die bis 1893 regierte bis sie entmachtet wurde. Manche sehen das heute noch als Staatsstreich an, der nicht akzeptiert werden dürfe. Für diese lebt das Königreich Hawaii weiter, dessen Untertan man hier werden kann, wenn man sich mit den Hawaiianischen Idealen identifizieren kann. Plötzlich höre ich Kirchenmusik – aber anders: Schlagzeug, Ukulele, Gitarre und Bass; eher Jugendgottesdienstmusik. Ich setz mich dazu und lasse mich überraschen. Richtig interessant wirds dann, als der Reverend einen Vortrag über die Zusammengehörigkeit und Abstammung der Polynesier referiert. Demnach sind die Bewohner von Hawaii, Tahiti, Samoa mit den Maori in Neuseeland verwandt und könnten sich auch miteinander verständigen, wenn diverse Buchstaben in den Wörtern durch andere ersetzt würden. Ein Gemeindemitglied berichtet davon, wie er auf Neuseeland von den Maori gleich integriert und als Bruder angesehen wurde. Auch die Beziehung zum Christentum wird angesprochen, das von den Ureinwohneren problemlos akzeptiert wurde, passten die Ideen der christlichen Schöpfungsgeschichte mit den ihren gut zusammen. Erst als die Christen dann zu kolonalisieren begannen, gabs Ärger. Interessante Gedankenspiele. Trotzdem bekomme ich ganz banalen Hunger und fahre nach „Pahoa-City“. Coole Stadt die auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat – oder auch nicht. Sie ist ein richtiges Straßendorf mit saloonartigen Geschäften, von denen auch nur die Hälfte auf hat. Die Leitungsmasten sind mit Alufolie und Betonmänteln vor Lava geschützt, denn schließlich war der Ort bis Mitte November 2014 akut von Lavamassen bedroht. Ich geh ins Black Rock Cafe, das innen genauso aussieht wie es klingt… der Burger ist allerdings ok. Dann erst mal Siesta. Ooops ich wollte ja noch Dinge für daheim einkaufen. Also wieder ins Auto und ab zum shoppen nach Hilo. Da gibts zwar eine Mall aber nicht wirklich was „Authentisches“ – dafür aber ein Foodcourt. Es wird dunkel und ich mach mich wieder auf den Heimweg. Vielleicht sollte ich doch mal meinen Vermieter auf meine Abreise vorbereiten.